Die Belebung kultureller Traditionen anderwärts:

Die Fanes - Legende

Das Stück selbst kann in einer Prosadarstellung im Buch "Dolomitensagen" nachgelesen werden. Sollte ich einmal die Zeit haben, werde ich die Version hier ausführlich behandeln.


In anderen Regionen Europas besinnt man sich ebenfalls und schon seit längerer Zeit auf die Wurzeln der eigenen Kultur, ohne in dumpf - nationalistische Töne abzufallen. Eindrucksvolles Beispiel für eine solche gelungene Rekulturation ist die Aufführung der Fànis-Legende aus den Dolomiten. Deren Urfassung, eine umfangreiche Sammlung von Sagen und Märchen, enthält übrigens interessante Einzelthemen, welche für eine kulturelle Weiterbearbeitung z.B. im Jeux Sacré oder für das Theater geeignet sind.
 
.... Das Stück heißt auf ladinisch „Fànes da tzakán“, zu deutsch: „Fànes von ehedem“. Es war von A. Morlang ausgearbeitet worden und berichtete das uralte ladinische Heldenepos von einer Königstochter aus dem Stamm der Fanes. 
Die Prinzessin Dolasilla kämpft zusammen mit ihrer Schwester in vorderstem Kampfgeschehen für das Überleben ihres Volkes, das durch Einwanderung fremder Stämme, Verschwörungen und finstere Magie bedroht wird. 
Die Freundschaft der Adler und der Murmeltiere sowie ein Zauberbogen mit silbernen Pfeilen sind ihre mächtigen Helfer. 
Das Epos beschreibt Ereignisse aus grauer Vorzeit, welche im Kern historisch sind, möglicherweise um 1000 v.Chr. oder etwas früher. 
Fànes da tzakán beruhte im Wesentlichen auf der Arbeit von Pfr. K. Staudacher aus Lappach. Dieser hatte um das Jahr 1921 ein Versepos „Das Fannes - Lied“ verfaßt, welches er nach seiner Erblindung auswendig, ganz in der Art der alten Barden, seinen Zuhörern vortrug. Der Buchautor K.F.Wolff und viele andere unterstützten diese Arbeit:
 

„Am 17. Juni 1951 hat das ladinische Volk der Dolomiten sein altes Festspiel, das anderthalb Jahrhunderte geruht hatte und schon fast vergessen war, wieder aufgenommen und in [..] Lavàl im Gadertal unter großem Zulauf aus den Nachbartälern wieder zur Darstellung gebracht. Alle Anwesenden hatten dabei die Empfindung, daß eine Jahrtausende alte Überlieferung plötzlich wieder aufgelebt sei...“ Die Aufführungen dauerten jeweils über vier Stunden. Von allen Beteiligten wurde der Eindruck geäußert, dieses Stück sei ein großer Schritt für ein künftiges besseres Selbstverständnis der ladinischen Bevölkerung.

Von der Bretagne, von Schottland, aus Irland, Wales und Cornwall hören wir ähnliche Berichte über ein Wiederaufleben der kulturellen Tradition. Könnte es sein, daß diese, aus materialistischer Weltsicht als rückständig angesehenen, Gebiete sich heute wieder als die großen Reservoire an Lebenskräften und kulturellen Elementen erweisen, welche sie immer schon in Zeiten der Not und des kulturellen Rückgangs gewesen sind?

Liegt dieser erstaunliche Umstand etwa nicht nur an der abgelegenen Lage dieser Gebiete, sondern auch an dem dort noch gebräuchlichen anderen Umgang mit sich selbst, den Mitmenschen der Umwelt und dem Umkreis höherer Mächte, welche hier nach wie vor noch  verehrt werden? Dies soll kein Aufruf zur Restauration irgendwelcher althergebrachter Zwänge oder Systeme sein, sondern lediglich ein Denkanstoß.
 
 

Die Grafik wurde mir etwas bearbeitet.Das Original von der Hand eines unbekannten Kupferstechers des 16. Jh´s.
befindet sich im zweiten Gesang von Tassos "Das Befreite Jerusalem" Copyright des Textes bei W. D.-Heller


 
zum Anfang dieser Seite HOME aktualisiert am 26.03.02